Thread Günter Wallraff als Schwarzer (18 answers)
Opened by betterworld at 2009-10-19 17:35

pq
 2009-10-20 00:35
#127155 #127155
User since
2003-08-04
12208 Artikel
Admin1
[Homepage]
user image
ich finde ja, dass der unsägliche Sarrazin eine Diskussion in die völlig falsche Richtung angestossen hat. Wenn man sich so manch einen Kommentar zum obigen Artikel durchliest, wird einem angst und bange.

Zunächst einmal würde ich der Diskussion zur Grundlage machen, dass man jedem Menschen mit dem gleichen Respekt begegnet. Konkrete Kritik ist in Ordnung, aber bitte nicht pauschal eine ganze Völkergruppe verurteilen. Der verächtliche Ton in Sarrazins Vorwürfen hat jetzt zur Folge, dass viele in ähnlichem Ton ihre Meinung herauslassen und froh sind, endlich mal so richtig lästern zu können (wenn das ein hochrangiger Bundesbankangestellter darf...).

Linken wird nun vorgeworfen, "Gutmenschen" (nationalsozialistischer Wortschatz!) zu sein, ja sogar mit ihrer Politik verantwortlich für die Ausländerfeindlichkeit zu sein.
Ich denke, dass kaum einer bestreiten will und kann, dass es integrationsunwillige Migranten gibt. Wenn eine Migrantentochter bei Androhung von Ausschluss aus der Familie oder sogar Mord verboten wird, einen Deutschen zu heiraten, ist das für mich genauso Rassismus, der nicht toleriert werden darf.

Ich frage mich aber, wieso so viele so empfindlich auf diesen Film reagieren. Dass von Migrantenseite auch Diskriminierung existiert, bestreitet doch keiner. Es scheint mir eher so, dass die meisten lieber keinen Spiegel vor die Nase gehalten haben wollen. Voyeurismus kann man dem Film vielleicht vorhalten (ich habe ihn aber noch nicht gesehen), aber es ist die Wahrheit.

Wir sind ein Einwanderungsland. Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob es sinnvoll und legitim ist, anderen Ländern unsere Kultur und Demokratie überzustülpen, aber um in unserer Gesellschaft ein sinnvolles Miteinanderleben zu schaffen, muss (von beiden Seiten) Offenheit da sein. Migranten müssen nicht "deutsch" werden, aber z.b. radikale Auslegung ihrer Religion steht im Konflikt mit unserer Kultur. Die eigene Freiheit hört da auf, wo die des anderen eingeschränkt wird. Migranten profitieren von unserer Gesellschaft und nicht zuletzt von unserem Sozialsystem, wie jeder Deutsche auch, deswegen sollte es nicht ausgenutzt werden.

Es nützt aber keinem was, wenn wir pauschal alle Migranten in diesem Ton angreifen (die, die sich integrieren, werden dadurch verletzt; die, die sich nicht integrieren wollen, wird es nicht kümmern oder eher noch mehr Hass schüren).
Der Film zeigt doch gerade, dass auch integrationswillige hier auf Mauern stossen und sogar beleidigt werden.
Integration muss von beiden Seiten kommen. Ich will nicht türkisch lernen müssen (oder wahlweise russisch, polnisch, ...), man kann es meiner Meinung nach mit gezielter Sprachförderung schaffen, dass das deutsch von Migrantenkindern so gut wird, dass sie in der Schule gleiche Chancen haben, aber Migranten sollten nicht nur wegen ihrer Herkunft eine Wohnung oder eine Stelle verweigert bekommen (Hautfarbe oder ausländischer Name reicht da ja offensichtlich schon).

Ich würde mir wünschen, dass die Diskussion auf Augenhöhe mit den Migranten stattfindet. So wird meiner Meinung nach eine Kritik an einzelnen Gruppen erst legitim. Leider hat unser lieber Thilo IMHO das ganze Klima erstmal schön vergiftet, wie er das so gut kann.
Always code as if the guy who ends up maintaining your code will be a violent psychopath who knows where you live. -- Damian Conway in "Perl Best Practices"
lesen: Wiki:Wie frage ich & perlintro Wiki:brian's Leitfaden für jedes Perl-Problem

View full thread Günter Wallraff als Schwarzer