Thread Prophezeiungen 2005: ueber Perl etc. (53 answers)
Opened by Crian at 2005-01-28 14:58

jan
 2005-02-07 03:43
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lichtkind, nicht alles, was nicht deiner meinung entspricht, sind politikerlügen. lies die bücher ruhig mal, vielleicht darf ich gleich noch dazu alexander solschenizyn, das archipel gulag. nur mal so, um sich ein bisschen mit der materie auseinanderzusetzen. natürlich, die realität war nie deckungsgleich mit der utopie aber ich finde es immer viel angenehmer, sich mit der realität auseinanderzusetzen und nicht mit der utopie. "wenn alles gut wäre und es keine probleme geben würde, dann" ist für mich kein ausgangspunkt bei einer auseinandersetzung mit so einem thema. wenn alles perfekt wäre, müssten wir uns nicht darüber sorgen.
ich stimme dir trotzdem vollkommen zu, wenn du bemängelst, dass wir in dieser gesellschaft nur begrenzt freiheiten haben. das allerdings ist weniger dem kapitalismus zu verdanken als den kräften, die gegen ihn wirken. der markt interessiert sich einen scheissdreck dafür, ob du dir abends einen joint drehst und es dir gut gehen lässt, oder nicht, solange du deine arbeit so machst, wie du es vereinbart hast. ich weiss nicht, ob du dir www.gunsanddope.com schon durchgelesen hast, das beschreiebt vieles von dem, was ich meine, ziemlich gut und ich spare mir damit viel text. wenn du darauf hinaus willst, dass das individuum sich freiwillig aufgrund seiner vernunft dafür entscheidet, das richtige zu tun, sind wir wieder bei kant, in der moraltheorie. allerdings eher normativ "so sollte es sein" als realistisch "so ist es". da stimme ich dir dann komplett zu, weil es die ultimative freiheit bringt. es hat allerdings in sich keinerlei konsequenzen dafür, falls mal einer nicht mitspielt. damit kann ich leben, einen hohen moralischen anspruch ohne die ambition, das irgendwem aufzuzwingen. wunderbar.
ronnie: mag sein, dass ich einer der fähigeren bin, aber ich bin eben keiner der geschäftstüchtigen. ich könnte mich natürlich mit einem geschäftsmann zusammentun, mit einem verkäufer, der den leuten was aufschwatzt und dabei mehr geld verdienen. aber da fürchte ich, würde ich den spaß verlieren und das ist es mir nicht wert. natürlich sind solche momente nicht schön unbedingt, aber in irgendeiner form findet man sogar daran vergnügen, alles einstellungssache. mag sein, ich bin sowieso etwas kaputt und daher macht mir sowas nicht aus, aber ich hab daraus eher kraft gezehrt. was wachstum und abschwung angeht: das ist vollkommen normal, du kannst dir unter dem stichwort "kondratieff zyklus" dazu weitere informationen holen. dass sich die welt verändert, ist klar. dass das immer negativ sein muss, ist ein phänomen unserer zeit. egal, was passiert, es deutet immer auf den weltuntergang oder zumindest den zusammenbruch der gesellschaft hin.
eine kleine anmerkung: das, was du unter manchester-kapitalismus verstehst, liegt wahrscheinlich ziemlich weit abseits von dem, was der manchesterkapitalismus historisch ist. auch hierzu empfehle ich mal lektüre abseits vom attac-propaganda-ministerium. und wenn ein unternehmen die volkswirtschaft zerstört, zerstört es damit nicht auch seinen eigenen markt? und wenn es seinen markt zerstört, zerstört es damit nicht auch seinen eigenen wert? und ist das wirklich im interesse der eigentümer? und glaubst du, dass die unternehmen, denen du das nun unterstellst und von deren handlungen du glaubst, dass sie exakt das zur folge hätten, das nicht bedacht haben? ich denke: die wirtschaftswissenschaften sind derart komplex, dass sich solche vorhersagen kaum machen lassen, ohne, dass man gleichzeitig einräumen muss, dass man mit 95%iger wahrscheinlichkeit daneben liegt. wie bei den sozialwissenschaften lässt sich leicht sagen, warum etwas so passiert ist, wie es passiert ist, es ist aber ähnlich schwierig bis unmöglich, vorherzusagen, was geschehen wird und was welche folgen hat. dazu kommt, dass man nicht auf ideologisch frisierte fakten hereinfallen darf, von keiner seite. die anti-globalisierungs/anti-amerikanisierung/anti-kapitalismus/anti-marktwirtschafts-lobby ist immer schnell dabei, davon zu reden, dass es den leuten schlecht geht. ich kann davon nichts sehen. durchaus kann ich aber sehen, dass sich die scheere zwischen arm und reich weiter öffnet - allerdings muss man auch fragen, was denn hier gemeint ist. es geht dabei nämlich um relative armut, nicht um absolute, d.h. man kann zwei werte von heute und von vor 50 jahren zum beispiel nicht vergleichen. tut man das, muss man gleichzeitig anerkennen, dass das, was heute als arm gilt, damals wohl zum mittelstand gezählt hätte, es gibt also durchaus eine qualitative verschiebung nach oben. die armut wird übrigens nie besiegt sein, weil sie sich immer am durchschnitt orientiert. wenn jeder deutsche im durchschnitt vier autos und 250 tage urlaub im jahr hat, ist derjenige, der nur 2 autos und 125 tage urlaub im jahr, eindeutig arm. ob's ihm dadurch direkt so schlecht geht, ist eine andere frage.
hier ein tipp zur weiteren lektüre bzgl. zukunftspessimismus: www.maxeiner-miersch.de

pq: gesundheit kostet gar nicht so viel. es gibt relativ einfache tricks, wie man gesund bleibt. einer der günstigsten ist immer noch: man halte sich so gut es geht von ärzten fern. gerne führe ich das mal bei gelegenheit weiter aus, wenn ich zeit und lust habe, falls es dich interessiert, ist gar nicht mal so uninteressant. natürlich kann ich froh sein, damals nicht an einer lungenentzündung gelitten zu haben und womöglich daran gestorben zu sein. aber andererseits nehme ich auch das als risiko auf mich, dieses risiko macht für mich einen teil des lebens aus. das leben endet mit dem tod, auch wenn man den abschaffen könnte, indem man seine freiheit aufgibt, ich würde es nicht tun.

>denn die schwelle, die du erwähnst, hängt von vielen sachen ab und ist nicht von einem selbst beeinflussbar.

ich weiß nicht, was du damit meinst, dass sie nicht von einem selbst beeinflussbar ist... wenn du auf kinder hinauswillst, gebe ich dir recht. ich spreche in sachen von erfahrung nur von mir und ich habe keine kinder. ich habe aber auch keinen fernseher und der gilt ja in deutschland offiziell zum existenzminimum (=ergo, wer keinen fernseher hat, ist potentiell arm wie eine kirchenmaus und kann kaum existieren). aber ich will hier auch gar nicht dafür oder dagegen argumentieren, ob man mit sozialhilfe auskommt oder nicht. ich habe nie sozialhilfe bezogen, obwohl ich es rechnerisch hätte tun können. ich hatte nicht den eindruck, dass ich es bräuchte, ich fand, ich kam auch ohne klar und bin es auch gekommen. das ist es, worauf ich mit dem begriff vom moralischen kapitalismus hinaus wollte. wenn man der meinung ist, es allein zu schaffen, kann man das und muss keine hilfe annehmen. wenn man der meinung ist, das nicht zu können, dann kann man hilfe annehmen und ich verurteile das nicht, ich finde das vollkommen in ordnung. die schwelle dabei ist, wie bei allen fragen der moral, individuell. so mancher hochschulprofessor mit einem wunderschönen einkommen nimmt trotzdem noch jede möglichkeit mit, transferzahlungen vom staat zu erhalten. und ich bin sicher nicht dagegen, den sozialhilfesatz anzuheben, allerdings würde ich das an gewisse forderungen knüpfen. andererseits bin ich sowieso gegen dieses bürokratieungeheuer und sehe nicht, warum jemand, der sozialhilfe bezieht, nicht nebenei einen kleinen job machen darf, ohne, dass ihm das, was er dabei verdient, gleich von der sozialhilfe abgezogen wird. halte ich für vollkommen idiotisch, aber da ich mich sowieso eher libertär einstufe, überrascht das sicher nicht.

>du kannst es nur, wenn du das geld oder die zeit dafür hast. ist das 'frei'?

ja. freiheit bedeutet für mich nicht, von sachzwängen unabhängig zu sein. hieße es das, wäre freiheit eine vollkommene illusion und niemals zu erfüllen. ich kann zum beispiel nicht fliegen, das ist ein fakt. c'est la vie. ich kann mich aber entscheiden, was ich mit der zeit tue, die ich habe und mit dem geld, das ich verdiene, anfange. ich kann mich (in einer freien gesellschaft, wie gesagt, ich denke nicht, dass wir in einer leben) mit drogen vergnügen, kann ein buch lesen, mich mit freunden treffen, mich irgendwo hinstellen und jedem, der es hören will, erzählen, wie schlecht die gesellschaft ist oder eben oops, i did it again neu vertonen. manches davon geht vielleicht als sinnvoll durch, anderes nicht. manches ist gut für die gesellschaft, anderes neutral (aber damit eigentlich schon schädlich, quasi ein "profitentzug") und anderes schädlich ("mecker, mecker, mecker" und schon ist die stimmung am boden). trotzdem verbietet es mir niemand (naja, bis auf die drogen, aber das ist ja nun nicht auf meinem mist gewachsen, ich halte es da mit rawilson, link siehe oben oder letztes post).

>und luxus steht für mich auch für 'unnütz' - ziemlich krank.

was ist schon nützlich? es ist der gesellschaft im ganzen nicht förderlich, dass du dir über das ganze hier gedanken machst, es ist der gesellschaft nicht förderlich, dass du dich nach feierabend mit freunden triffst. das ist alles luxus, wenn du es mal mit china zB vergleichst. wo ziehst du da die grenze, vor allem: wie ziehst du sie, wenn nicht willkürlich?

>ich möchte auch nicht auf kuba leben, aber was habe ich von unserer
>demokratie, wenn eine sozialdemokratische partei gesetze macht,
>die das geld von unten nach oben scheffeln?

wer hat uns verraten? sozialdemokraten ;)
tja, was soll ich dazu sagen, ich denke, du verkürzt hier stark aber ich will andererseits nicht die spd verteidigen, deren politik ich in so ziemlich allen bereichen für verfehlt halte ("oh, ein neuer arbeitslosenrekord? ach, das sind die nachwirkungen von kohl." - 6 jahre später - "oh, ein neuer arbeitslosenrekord? na, ihr wisst doch, die nachwirkungen").

>es schadet ganz erheblich der gesundheit anderer menschen, wenn sie deinen qualm mit einatmen müssen.

müssen sie nicht. ich rauche nicht bei irgendwem zuhause, draußen ist die rauchbelastung (es sei denn, ich ziehe an der zigarette vor der mund-zu-mund-beatmund) minimal und für restaurants und bars gibt es eine wunderbare idee: nichtraucherbars. wer rauchen will, geht in eine raucherbar, wer nicht rauchen will und den rauch nicht abkann, geht in eine nichtraucherbar. da kann er dann sein wasser zum tofu trinken, ohne, dass ihn ein böser raucher belästigt ;). der markt würde das ganz schnell regeln. aber warum sollte man in eine nichtraucherbar gehen, wo man doch einfach allen das rauchen verbieten kann? wozu kompromisse schließen, wenn's doch so einfach geht. stört dich der autolärm nicht auch? ich finde, man müsste das autofahren in der stadt verbieten. noch dazu belastet es durch die abgase meine gesundheit, von der belästigung durch den lärm ganz zu schweigen. dazu sterben jeden tag zwischen 14 und 18 leuten im durchschnitt durch autounfälle. verbieten, aber ganz schnell.

>mit der argumentation kannst du auch sagen, das verbot von waffen ist auch eine einschränkung deiner freiheit.

würde ich durchaus, aber ich weiß, dass ich ja dann als oberteufel dastehe und man mir zuruft, ich möge doch "rüber machen" zu den amerikanern ;) www.gunsanddope.com - A free people ought not only to be armed and disciplined, but they should have sufficient arms and ammunition to maintain a status of independence from any who might attempt to abuse them, which would include their own government.
--George Washington

>und wenn du mal lungenkrebs kriegst, kostest du das gesundheitssystem einiges an geld

stimmt. dafür sterbe ich im durchschnitt als raucher bedeutend früher, womit ich dem rentensystem wohl rund 100.000 euro einspare. zusätzlich ist die zeit, die ich da früher sterbe, genau die zeit, die gesundheitlich bei allen am teuersten wird. leichte anfälligkeit plus überdurchschnittlich häufig pflegebedarf. natürlich werden die zahlen dazu nie in die diskussion einbezogen, man könnte ja merken, dass das "die raucher schädigen die gesellschaft"-argument nicht hält. ich muss aber dazu sagen, dass ich auf der suche nach zahlen dazu bin, aber leider so unsäglich faul, dass ich bisher noch keine gefunden habe. übrigens ist lungenkrebs zwar durchaus ein thema, herzkrankheiten aber zum beispiel haben keinen direkten zusammenhang mit dem rauchen, wie einige studien gezeigt habe, darunter zB die größte jemals durchgeführte studie. alles bogus. auch wenn es auf papier propagandiert wird, das die bundesfahne trägt.

>warum beschwerst du dich, dass tabak teurer wird?
>wenn du so frei bist, bau dir doch deinen eigenen tabak an.

a) da fehlen die möglichkeiten, die norddeutsche tiefebene ist nicht gerade für ihr zum tabakanbau optimales wetter. es ist ja auch nicht so, dass der tabak wirklich teurer wird - er wird künstlich verteuert, durch steuern. es ist nicht so, dass es so exorbitant viel kostet, den tabak anzubauen, zu ernten und herzuschicken, es kostet einfach viel, weil ja irgendwer dafür zahlen muss, dass die rentenbeiträge bei weitem nicht ausreichen, um die ausgaben zu decken. pure fiskalpolitik, nichts sonst.

>es gibt halt gewisse regeln, die der freiheit eher nützlich sind, als ihr zu schaden.

zum beispiel die: der mensch darf nicht frei sein, weil er dann auch frei wäre, sich zu schaden. und davor muss man ihn natürlich bewahren...

>wer ganz ohne regeln leben will, muss schon auf eine einsame insel ziehen.

das ist auch durchaus eine überlegung von mir, aber einerseits gibt es so wenige inseln mit dsl-anschluss, außerdem mag ich hamburg und ich konnte mich mit meinen freunden bisher noch nicht darauf einigen, auf welche insel wir ziehen wollen.

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