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Wieder der Vernunft I: shortcuts, short circuits and bypasses

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Shagreen
 2003-09-17 12:58
#19827 #19827
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Ich nehme Bezug auf den Artikel Siemens-Chef will Samstagszuschläge abschaffen.

[quote=Heinrich von Pierer,17.09.2003, 00:00]
"Der Samstag sollte im Bedarfsfall wieder Werktag ohne Zuschläge sein. Die Leute gehen doch eigentlich gern zur Arbeit, das ist doch kein Frondienst".
[/quote]
Frondienst meint das Bestellen fremder Felder, also die vom Grundherrn nicht verpachtet wurden. Dadurch blieb eigener in der Obhut der Bauern befindlicher Grund und Boden unbewirtschaftet. In der Lohnarbeitszeit ist die Surplus-Arbeitszeit neben der notwendigen Arbeitszeit, die für die Erhaltung der Arbeitskraft bedingt ist, schon enthalten. HvP möchte die Lohnarbeit gegenüber dem Frondienst gern als Fortschritt verkaufen, sie ist allerdings nur eine höhere Stufe, eine verschleiertere Form der Sklaverei. siehe 9. Der Wert der Arbeit

[quote=Heinrich von Pierer,17.09.2003, 00:00]
"Die Gewerkschaften müssen von dem Irrglauben abrücken, jedem die Arbeitszeit vorschreiben zu wollen".
[/quote]
Ja, das Maß der Sklaverei soll der Sklave sich selbst auferlegen können. Ist das nicht ein Mehr an Freiheit?! Unter den Sachzwängen der Miß(markt/staats)wirtschaft und den Dogmen der Globalisierung entledigt sich der Geknechtete und Geknebelte seiner Ketten und schlägt sich auf die Seite seiner Existenzbedingung, der Lohnarbeit, des Kapitals.

[quote=Heinrich von Pierer,17.09.2003, 00:00]
"Wir sind leider ein bisschen zu satt geworden - dagegen sollten wir ankämpfen."
[/quote]
Und ob, nachdem die Schöne Erste Welt jahrzehntelang das Elend und die Not outgesourced hat und in der kurzen Phase des Wirtschaftswunders verträumt vorsichhin konsumierte wurden wir wohlstandsgenäherter und wohlstandsgenährter. Wir müssen endlich wieder zurück zum Manchester-Kapitalismus und diese entartete soziale Marktwirtschaft BRDigen.
Nur wenn wir zu satt geworden sind, warum produzieren wir dann nicht weniger oder "gehaltvoller"? Nein, auch ein weiteres Pfefferminz-Plätzschen werden wir fressen, auch wenn wir uns - wie das fette Schwein in Monty Pythons "Sinn des Lebens" -  kotzübel in den nächsten Eimer übergeben müssen.

[quote=Heinrich von Pierer,17.09.2003, 00:00]
"Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Beharrlichkeit, Qualitätsbewusstsein".
[/quote]
Wenn der Mensch, als Leistungsmaschine, sich diese maschinischen Eigenheiten nicht zu eigen macht, wird er eigentlich bald nichts mehr besitzen, denn die Maschine wird statt ihm, der lebendigen Arbeitskraft, konsumiert und es wird - so eigentümlich das klingt - der Mensch im Produktionsprozeß außer Dienst gestellt. Aber welch ein Glück, der Pauper hat nichts mehr zu verlieren.
jan
 2003-09-17 13:12
#19828 #19828
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es ist immer schwierig, sich über die themen der lohnarbeit aufzuregen, wenn man selbstständig ist und von einer 38stundenwoche nur träumen kann, das volle unternehmerische risiko trägt und auch noch verantworten muss, was man so tut, kein geregeltes einkommen hat, menschen bezahlen muss, damit sie das finanzamt davon abhalten, die steuern zweifach einzufordern.

so einen schönen job ohne verantwortung, mit angemessener bezahlung und lustigen arbeitszeiten, festgeschriebener mittagspause und bezahltem urlaub, lohnfortzahlung im krankheitsfall, staatlich geförderten renten- und krankenversicherungen und und und fände ich auch mal ganz nett.
Ronnie
 2003-09-17 13:14
#19829 #19829
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Wofür sollen denn die Leute mehr arbeiten? Zur Erhöhung einer Produktion für die der Absatzmarkt fehlt?
Wieso stellt Herr von Pierer nicht einfach neue Leute ein um eine breitere volkswirtschaftliche Basis für den Absatz seiner Produkte zu gewährleisten?
Wieso zahlt Herr von Pierer den eigentlich nicht selbst, prozentual zu seinem Verdienst, in die Sozialversicherungen ein?
Wieso kassiert das Unternehmen von Herrn von Pierer staatl. Subventionen, zahlt minimal Steuern, und verlagert Arbeitsplätze in Niedriglohnländer?
Wieso sollen die Leute bis 67/70 arbeiten? Damit sie zwei oder fünf Jahre mehr Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe kassieren können, da ihnen ab 40 keiner mehr einen Job gibt?
Wann werden diese Brüder an den Stricken hängen die sie uns verkaufen?
Ronnie
 2003-09-17 13:19
#19830 #19830
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@jan: Hier ist aber zu unterscheiden zwischen deinem unternehmerischen Risiko, dass du als Kleingewerbetreibender oder Mittelständler hast, und dem GOLDENEN HANDSCHLAG mit dem ein Herr von Pierer geht, unabhängig davon welchen Mist er baut. Der hat kein Risiko.
jan
 2003-09-17 13:32
#19831 #19831
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lol, ronnie, das ist interessant. wenn also mehr leute eingestellt werden, dann verdienen die mehr geld und fragen nach. in deutschland sparen sie klassischer weise erstmal und konsumieren, anders als in anderen ländern, eher spärlich, der berühmte leverageeffekt verpufft also ziemlich fix. traurig aber wahr.
gegen subventionen bin ich auch, voll und ganz. ich sehe keine staatliche notwendigkeit einzugreifen und siemens zu finanzieren, nur, damit die billiger sind als die aus korea. minimal steuern kann ich so nicht beurteilen, ich kenne die genauen zahlen von siemens nicht, vielleicht kannst du mich da mal aufklären. und arbeitsplätze verlagern sie ins ausland, um zu sparen. die alte "eigentum verpflichtet"-sache ist mehr oder weniger weg und interessiert unternehmen nicht mehr sonderlich. wundert natürlich auch niemanden wirklich, nehme ich an, wenn man vom gewinn bis zur ausschüttung schon weit über die hälfte der summe an den staat abgedrückt hat, dann stellt sich schnell die frage: moment mal, der nimmt unser geld, dann soll der sich kümmern.
wieso die leute bis 67 arbeiten sollen, hab ich auch nie verstanden. ich finde, jeder soll solange arbeiten wie er will. wenn er allerdings rente beziehen will, dann muss er eben zumindest einigermaßen das abdecken, was er herausbekommen will. durch das stetige ansteigen der lebenserwartung wird die rente in die länge gezogen - und damit teurer. dadurch, dass es dann noch weniger nachwuchs gibt, gibt es weniger leute, die für immer mehr rentner die rente bezahlen müssen. kein wunder, dass das nicht klappt. ich kenne übrigens ne ganze menge leute über 40, die einen job haben. und ich kenne sogar selbstständige über 40, die keine staatliche rente bekommen und sich dennoch nicht beschweren.

wann diese brüder allerdings hängen werden, kann ich dir nicht sagen. ich bin da ja generell mit aktivismus gesegnet. lasst mich nur jeden tag 6 idioten erledigen, das könnte ich schon vor dem frühstück machen und hätte noch meinen ganzen tag vor mir. 6 idioten täglich, das ist alles, was ich will.
jan
 2003-09-17 13:34
#19832 #19832
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tja, wenn das den aktionären so gefällt, ist das doch ok, schließlich sind sie die eigentümer des unternehmens. wenn's ihnen nicht gefällt, werden sie es ändern. da sie es nicht tun, muss man davon ausgehen, dass sie es ok finden.
ich finds auch blöd, dass manche 12jährigen von ihren eltern häuser, yachten und autos geschenkt bekommen, hätte ich auch gerne, aber das werfe ich den kindern nicht vor.
Ronnie
 2003-09-17 13:57
#19833 #19833
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lol, ronnie, das ist interessant. wenn also mehr leute eingestellt werden, dann verdienen die mehr geld und fragen nach. in deutschland sparen sie klassischer weise erstmal und konsumieren, anders als in anderen ländern, eher spärlich, der berühmte leverageeffekt verpufft also ziemlich fix. traurig aber wahr.

Das ist eine Zeitfrage, jeder Regeltechniker weiss das eine Totzeit eine Regelstrecke erst richtig interessant macht. Wobei heute sparen so unattraktiv wie nie ist. Zumindest bei der Zinspolitik macht anscheinend einer was richtig.
Quote
minimal steuern kann ich so nicht beurteilen, ich kenne die genauen zahlen von siemens nicht, vielleicht kannst du mich da mal aufklären. und arbeitsplätze verlagern sie ins ausland, um zu sparen.

Sorry, muss bei den Steuern auch passen, da war mal ein Report oder Wiso mit dem Thema. Das klingt ganz interessant:
http://nci.migm.de/Archiv....ch.html
Quote
ich kenne übrigens ne ganze menge leute über 40, die einen job haben. und ich kenne sogar selbstständige über 40, die keine staatliche rente bekommen und sich dennoch nicht beschweren

Ich kenne natürlich auch Leute die über 40 noch gute Jobs haben, aber beim Verlust des Arbeitsplatzes kaum eine Chance hätten wieder was zu bekommen. Wir müssen hier auch mal über die sozial Schwächeren reden, jene mit niedrigem Bildungsabschluss (oder ohne), wobei heute auch genügend arbeitslose Ingenieure, Meister etc. rumrennen, die aufgrund ihres Alters kaum Chancen am Arbeitsmarkt haben.
Nur weil es irgendwo hell leuchtet, bedeutet dies nicht dass nicht ringsherum 'ne Menge Schatten ist, oder?
Quote
6 idioten täglich, das ist alles, was ich will.

Wundere dich nicht wenn du einen klicken in der Leitung hast ;)
jan
 2003-09-17 14:16
#19834 #19834
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>Wobei heute sparen so unattraktiv wie nie ist. Zumindest bei der Zinspolitik macht anscheinend einer was richtig.

das solltest du mal den deutschen erklären, die als volk auf einem privatvermögen von rund 3.5 billionen euro sitzen. sparen ist da zur obsession geworden. und so eine totzeit ist da gar nicht so lustig...

irgendwer wird immer keinen job haben, das ist ganz natürlich, vollbeschäftigung im sinne einer beschäftigung für jeden einzelnen ist illusorisch. dass der, der schlecht ausgebildet ist, da auch die schlechteren chancen hat, dürfte auch klar sein. ein generelles blicken auf "die alten", die keine chance haben, halte ich für blödsinn.
das anspruchsdenken "ich bin aber akademiker, ich nehme keine arbeit an, die nicht mindestens meinem ausbildungsniveau entspricht" allerdings, finde ich ebenso dämlich. "die ausländer" nehmen uns die arbeit weg - falsch, sie nehmen nur meist die arbeit an, die kein deutscher machen will, weil er selbst mit hauptschulabschluß noch einen dienstwagen und ein spesenkonto für das mindeste hält. naja, etwas überspitzt...
es gibt eine menge schatten, doch die frage ist, wo kommt der her? es ist doch so, der durchschnittliche arbeitnehmer zahlt seine steuern und bekommt dafür transferleistungen (infrastruktur, staatliche bildung, zuschüße, rente etc pp), zahlt im allgemeinen aber deutlich weniger an den staat als er vom staat bekommt, es ist also ein ungleichgewicht vorhanden. das versucht man mit hilfe der umverteilung auszugleichen (wie war das? 10% der leute zahlen 50% der steuern?), was aber immer schwieriger wird. dass da eventuell irgendwie etwas problematisch ist, darauf kommt niemand. und mal ehrlich, solange die deutschen im schnitt dreimal jährlich urlaub machen können und ein fernseher zum existenzminimum zählt, kann mir keiner erzählen, dass es diesem land wirklich mies geht...
Ronnie
 2003-09-17 14:42
#19835 #19835
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dass der, der schlecht ausgebildet ist, da auch die schlechteren chancen hat, dürfte auch klar sein.


Stimmt. Ich kann auch jemandem vorwerfen das er zu wenig getan hat, wenn es in seinen Möglichkeiten lag. Aber was ist mit dem Rest, mit denen die einfach zu wenig Intellekt haben? Was ist mit den BILD-Lesern? Es gibt einfach Leute die können nicht viel mehr aus sich machen, haben die kein Recht auf einen Job? Früher hat man diese Leute in die Fabrik an die Bänder gestellt, diese jobs gibt es nicht mehr. Was macht man mit den Leuten?

Quote
und mal ehrlich, solange die deutschen im schnitt dreimal jährlich urlaub machen können und ein fernseher zum existenzminimum zählt, kann mir keiner erzählen, dass es diesem land wirklich mies geht...


Womit du Recht hast, aber ich sehe es halt nicht ein das ein Herr von Pierer rumjammert, und von anderen Leuten verlangt mehr zu arbeiten, damit er seinen goldenen Löffel gegen einen aus Platin mit Diamantenverzierung tauschen kann.\n\n

<!--EDIT|Ronnie|1063795365-->
jan
 2003-09-17 14:45
#19836 #19836
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es gibt auch heute noch genug niedrigqualifizierte jobs, der großteil des dienstleistungssektor basiert eben darauf. natürlich, es ist ein verlust der menschenwürde, wenn man ein gebäude putzt und lieferdienste sind auch nah dran am kriegsverbrechen, aber die möglichkeiten sind schon vorhanden.

mal ganz nebenbei, nehme ich an, dass das management bei siemens im durchschnitt bei weitem mehr arbeitet als die normalen angestellten ... die durchschnittsarbeitszeit liegt im management wie bei politikern und spitzenbeamten rund 80 - 100% über der so sehr umkämpfen 38-stunden woche.
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